Wie die elterliche Therapie hilft
Eltern allergiegefährdeter Kinder möchten zu gern alles richtig machen, um Asthma, Neurodermitis, Heuschnupfen oder eine Lebensmittelallergie beim Nachwuchs zu verhindern. Jetzt hat die Publikation einer polnischen Arbeitsgruppe im renommierten Fachjournal Allergy and asthma proceedings gezeigt, dass zukünftige Eltern aktiv etwas tun können, um ihre Kinder zu schützen: Wenn sie sich selbst einer spezifischen Immuntherapie (SIT) unterziehen, sinkt in der Folgegeneration das Risiko für allergische Krankheiten. Die SIT ist die bislang einzige Maßnahme, welche die Ursachen von Allergien bekämpft und zu einem langfristigen Erfolg führen kann.
Hamburg, 25.10.2016. Stillen oder nicht stillen? Zufüttern – aber was? Tierkontakt fördern oder meiden? Gerade die Kinder von Allergikern haben ein hohes Risiko, auch eine Allergie zu bekommen. Und die Eltern wissen oft nicht, wie sie ihren Kindern Heuschnupfen, Neurodermitis, Nahrungsmittelallergien und Asthma ersparen können. Kein Wunder, haben sich doch die Erkenntnisse und damit die Empfehlungen in den letzten Jahren wiederholt geändert – und dadurch für viel Verunsicherung gesorgt.
Spezifische Immuntherapie der Eltern bringt’s
Eine aktuelle Studie zeigt nun, wie Eltern, die selber Allergiker sind, ganz aktiv das Leid von ihren Kindern abwenden können: Indem sie sich selbst konsequent therapieren lassen, und zwar schon bevor sie Eltern werden. Für ihre Studie verglichen der Allergologe Andrzej Bozek und seine Kollegen von der Medizinischen Universität Silesia in Zabrze (Polen) 194 Kinder, deren Eltern sich vor der Schwangerschaft einer spezifischen Immuntherapie unterzogen hatten, mit 195 Kindern, deren Eltern nichts dergleichen unternommen hatten.1 Die Kinder in der Gruppe der SIT-Eltern wiesen signifikant seltener Anzeichen für allergische Erkrankungen und Asthma auf als die Kinder unbehandelter Eltern. Sie litten weniger häufig unter trockener Haut und anderen Anzeichen für Neurodermitis, hatten seltener Bauchweh, Durchfälle, Erbrechen oder Hautausschläge nach Milchgenuss und blieben häufiger von Heuschnupfen und Asthma verschont.
Nur spezifische Immuntherapie bekämpft Allergie-Ursachen
In der Untersuchung war der Effekt dann am größten, wenn sich beide Eltern für die spezifische Immuntherapie entschieden hatten. War diese nur von einem Elternteil durchgeführt worden, hatten die Kinder seltener Allergien, deren Mütter immuntherapiert waren. Die spezifische Immuntherapie oder Hyposensibilisierung ist die einzige von der WHO anerkannte Behandlung, die tatsächlich die Ursache der Allergie bekämpft und die eine langfristige Besserung der Allergie bringen kann – und nicht nur symptomatisch wirkt. Bei der SIT werden dem Körper über einen definierten Zeitraum regelmäßig Allergene per Spritze, Tropfen oder Tablette zugeführt, um die bestehende Überempfindlichkeit zu normalisieren.
Immuntherapie bald als Primärprävention?
Zu den aktuell wichtigsten Maßnahmen, um Allergien von vorneherein zu verhindern, zählt das ausschließliche Stillen des Kindes für die ersten 4 Lebensmonate. Wenn dies nicht möglich ist, sollte Risikokindern hydrolysierte Säuglingsnahrung gegeben werden. Außerdem sollten Kinder nicht Tabakrauch ausgesetzt werden und kein Übergewicht haben, beides sind wichtige Risikofaktoren gerade für die Entwicklung von Asthma. Andere Maßnahmen wie die Meidung bestimmter Allergene oder eine bestimmte Diät versprechen dagegen keinen Erfolg.2 Möglicherweise kann der Katalog mit Präventionsmaßnahmen jedoch bald erweitert werden: Bislang wird die spezifische Immuntherapie nur als Zweit- oder Drittprävention eingesetzt – sprich, wenn die Allergie bereits ausgebrochen ist und chronisch zu werden droht oder wenn Krankheitsfolgen verhindert werden sollen. Sollten sich die Ergebnisse der polnischen Forschergruppe bestätigen, könnte sich eine Hyposensibilisierung künftiger Eltern, die unter Allergien leiden, als Erstmaßnahme etablieren, um Allergien und ihre Folgen bei Kindern zu verhindern.
- Bozek A, Jarzab J, Bednarski P. The effect of allergen-specific immunotherapy on offspring.Allergy Asthma Proc. 2016 Jul;37(4):59-63.
- Schäfer T et al., S3-Leitlinie Allergieprävention – Update 2014. Allergo J Int 2014; 23: 186-199